Heute geht es um Fallmesser, und wenn Sie jetzt nicht wissen, was das genau ist, dann sind Sie bei diesem Artikel genau richtig.
Einige von Ihnen, wie mein schwindelfreier und neuerdings mit dem Fallschirm jagender Neffe, kennen sich schon aus mit Fallmessern und interessieren sich vielleicht für die Geschichte.
Und auf beides wollen wir hier eine Antwort geben: Wie bei den Überblicksartikeln zu Damast Messern und auch Karambit Messern, wollen wir den Fragen nachgehen, was ein Fallmesser ist und welche Entwicklungsgeschichte und Tradition dahinter steht.
Und schließlich stelle ich noch kurz 2 der aktuell erhältlichen und legalen Fallmesser vor:
das Linder RT-I-TAC und
das Dönges Rettungsmesser RT-I Glasmaster.
Messer für Fallschirmjäger
Fallmesser fallen fast schon unter die Kategorie „historische Messer“. Doch ähnlich wie ein Bowie Knife haben auch die Fallmesser andere Messerarten beeinflusst. Und sie werden auch nach wie vor produziert.
Ein Fallmesser oder auch Gravity Knife (also englisch für „Schwerkraft-Messer“) ist in gewisser Hinsicht der zuverlässige und günstige Vorläufer eines Springmessers.
Fallmesser wurden im zweiten Weltkrieg speziell für Fallschirmjäger entwickelt. Es wurde so designed, dass sich die Soldaten aus dem Fallschirm befreien konnten, sollten sie sich zum Beispiel in einem Baum verfangen haben.
Ein Fallmesser gehörte also ähnlich wie die Victorinox bei den Schweizer Armee zur Grundausstattung und ist somit ein ganz besonderes Armeemesser.
Und die Ansprüche und Anforderungen bestimmen das Design: Man braucht ein zuverlässiges Messer, das blitzschnell einsatzbereit ist.
Zwei Fallmesser aus der heutigen Zeit
Ich möchte Ihnen kurz zwei Fallmesser vorstellen, die speziell für Einsatzkräfte konzipiert sind. An beiden lässt sich gut illustrieren, dass der taktische Nutzen zugunsten anderer Funktionen deutlich in den Hintergrund tritt.
1. Dönges Rettungsmesser RT-I Glasmaster
Ganz vergleichbar dem Lindner, doch etwas günstiger zeigt sich das Dönges RT-I. Es ist ebenfalls den klassischen Eickhorn-Fallmessern nachempfunden.
Die Klinge beträgt 8,7 cm bei einer Gesamtlänge von 22,5 cm, das Gewicht liegt um 220 Gramm.
Die einzelnen Feature der Klinge – Wellenschliff, Haken, etc. – sind ebenfalls nahezu identisch, ebenso die Vorteile, die ich oben beim Lindner aufgeführt habe.
Man kann fast behaupten, das Dönges ist das Gleiche in rot. Doch das Dönges hat zusätzlich noch einen Drahtschneider und es ist eben auch mit deutlich unter 100 Euro günstiger.
2. Linder RT-I-TAC Rescue Tool
Das Linder RT-I-TAC Rescue Tool ist, wie der Name schon sagt, speziell für Einsatzkräfte für einen Rettungseinsatz konzipiert.
Es basiert nach Herstellerangaben explizit auf dem oben erwähnten, legendären Eickhorn LL-80 und ist damit ein sehr zuverlässiges Einhandmesser.
Die rostfreie Stahlklinge aus 1.4110er Stahl ist 8,5 cm lang, bei einer Gesamtlänge von 22 cm, die Klingenstärke beträgt 3,3 mm. Damit wird sehr deutlich, dass die Klinge für sehr gezielte Einsätze und Arbeiten eingesetzt wird, die ein Höchstmaß an Kontrolle der Klinge erfordern.
Auch die Kombiklinge mit stumpfer Spitze und Haken zeigt deutlich, dass es sich hierbei weder um ein EDC, geschweige denn um ein taktisches Messer handelt.
Mit dem Lindner RT-I-TAC Rescue Tool sollen zum Beispiel Gurte, Seile oder ähnliche faserartige Stoffe geschnitten werden. Zusätzlich verfügt das Messer über einen Glasbrecher. Beide Feature dienen dazu, Menschen yum Beispiel aus einem Auto befreien zu können.
Zwei weitere große Vorteile dieses Fallmessers sollen nicht unerwähnt bleiben. ist sein Gewicht von 213 Gramm, das gut in der Hand liegt, und auch, dass man das Messer komplett zerlegen kann. So kann man das Messer sorgfältig reinigen.
Besser als Springmesser
Im Prinzip gibt es zwei große Vorteile bei Fallmessern, wie mir mein Neffe bestätigen konnte.
Ich beginne mit dem offensichtlichsten Merkmal, das ich mir schon ohne meinen frischgebackenen Experten in der Familie hatte denken können. Wie die Bezeichnung „Gravity Knife“ schon nahelegt, basieren Fallmesser auf der Schwerkraft, die bekanntermaßen ja immer funktioniert.
Es sei denn, man fliegt zum Mond, und dann aber auch viel Glück bei dem Versuch, mit dem Fallschirm abzuspringen.
Im Ernst. Diese Art von Zuverlässigkeit kann man von anderen Mechanismen nicht unbedingt erwarten. Denn diese könnten verdrecken oder der Springmechanismus könnte sonstwie beeinträchtigt sein.
Und warum man kein Taschenmesser wählte, dürfte auch sofort einleuchten. Fallmesser können nun wirklich mit Fug und Recht als Einhandmesser bezeichnet werden, und auch das kann im Fall der Fallschirmjäger über Leben und Tod entscheiden.
Im Gegensatz dazu können Taschenmesser, die als Einhandmesser verkauft werden, manchmal schwergängig sein (siehe das frisch getestete Bergkvist K9) oder das Öffnen kann, wie bei den Springmessern, ebenfalls beeinträchtigt sein.
Sondereinsatz
Nicht etwa, dass die Armee vorher keine Einsatzmesser gehabt hätte, oder keine anderen anzubieten hat. Aber es waren bzw. sind feststehende Messer, wie zum Beispiel das aktuelle Eickhorn S.E.K. Polizei oder Marine.
Das sind natürlich auch “Einhandmesser”, die aber etwas mehr Platz wegnehmen und eher im Weg sein könnten bzw. die Bewegungsfreiheit einschränken.
Auch sprechen wir hier von Fallschirmjägern, die aufpassen müssen, dass ihr Messer sich nicht während eines Sprungs einfach verabschiedet. Es musste also ein Messer her, dass man gut in der Innentasche mit Reißverschluss aufbewahrt werden kann.
Der Mechanismus kurz erklärt
Die Idee des Fallmessers ist ähnlich wie beim Springmesser. Der wesentliche Unterschied ist wie schon gesagt, dass es hier keinen Federmechanismus gibt, sondern das Öffnen des Messers auschließlich auf der Schwerkraft beruht.
Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Fallmessern, die unterschiedlich funktionieren.
Im Prinzip wie ein Taschenmesser
Das Standard-Fallmesser sieht kaum anders aus als ein Taschenmesser, mit einem Haken an der Seite.
Um dieses Modell zu öffnen, musste man den kleinen Hebel an der Seite lösen. Dieser Hebel bewirkt, dass das Messer gesichert ist, im geschlossenen wie im offenen Zustand.
Hat man das Messer entriegelt, bedarf es nur noch einer entsprechenden ruckartigen Handbewegung wie beim Einhand-Taschenmesser, um die Klinge zu lösen. Die Klinge rastet dann für gewöhnlich in der Verriegelung ein.
Klassisches Modell hat OTF
Die andere Variante nennt sich OTF oder „Out the Front Design“. Hier steckt die Klinge sozusagen im Griff und rutscht bei Entriegelung einfach gerade heraus. Wieder gibt es einen Verriegelungshebel, der bei diesem Modell über der Öffnung des Griffes liegt.
Während die Fallmesser für den militärischen Einsatz oft mit einer mechanischen Hebel-Verriegelung arbeiten, gibt es auch andere Feststellmechanismen, die auf Reibung basieren.
Fallmesser der Wehrmacht
Eines der bekanntesten Fallmesser ist dementsprechend das Luftwaffe Fallschirmjäger-Messer aus dem zweiten Weltkrieg.
Es wurde 1937 für die Fallschirmjäger entwickelt und als Standardmesser jedem Wehrmachts-Angehörigen als Ausstattung mitgegeben.
Es handelt sich um ein so genanntes OTF-Messer mit einer Klingenlänge von 10 cm. Die Klinge selbst hatte eine recht stumpfe Spear Point-Spitze und einen simplen Flachschliff.
Es war speziell dafür gedacht, sich aus dem Fallschirm bzw. den Schnüren befreien zu können, konnte aber zur Not auch als taktisches Kampfmesser eingesetzt werden.
Ausstattung
Die Klinge war in einem Metallgehäuse, dass zusätzlich mit Walnuss- oder Buchengriffschalen ausgestattet war, um das Messer etwas ergonomischer und griffiger zu machen.
Um diesen Klassiker zu öffnen, muss man das Messer mit der Öffnung nach unten halten und einfach den kleinen Hebel halten. So kann das Messer im Prinzip einfach herausrutschen. Lässt man das Hebelchen los, ist die Klinge arreviert.
Dieses Fallmesser verfügt darüber hinaus über eine Ahle, die ursprünglich dafür gedacht war, Knoten zu lösen. Aber natürlich lässt sich damit auch etwas aufhebeln oder bohren.
Diese Ahle ist nicht feststellbar. Das ganze Fallmesser war mehr Werkzeug als taktische Waffe, was natürlich nicht heißt, dass man es nicht als solche benutzen kann.
Die Fallmesser Typen I-VI
Im Prinzip hatte die Luftwaffe zwei Varianten dieses Klassikers. Der Typ I hatte Holzgriffe wie oben erwähnt und wurde von 1937 bis 1941 produziert. Typ II ist im Prinzip das gleiche Messer, ist aber taktischer und wurde von 1941 bis 1945 produziert.
Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs und mit der Waffenausstattung für die Bundeswehr gab es auch neue Standards für die Fallmesser.
Der neue Auftrag, Fallmesser für die Luftwaffe zu produzieren, sah unter anderem vor, dass das allseits bekannte olivgrün das Messerdesign bestimmen sollte.
Es gab bzw. gibt drei verschiedene Typen, die mit ihrer Nummerierung auf die ersten beiden Typen aufbauen.
Typ III wurde von 1955 bis 1961 produziert, und ist auch als so genanntes „Falltürmesser“ bekannt.
Der Typ IV ist dem Typ II aus dem zweiten Weltkrieg sehr ähnlich, hat aber Kunststoffgriffe statt der Holzgriffe, und wurde von den Herstellern WMF, OFW oder Eickhorn von 1961 bis 1979 hergestellt.
Das legendäre Eickhorn LL-80
Schließlich der Typ V, der seit 1979 immer noch hergestellt wird, auch bekannt als das Eickhorn LL-80. Das LL-80 Fallmesser ist kleiner, besteht auch (noch) weniger Teilen und ist somit sehr kosteneffizient.
Es gibt auch eine Zivilvariante mit Kunststoffgriffen und ohne Ahle.
Britische Variante der Fallmesser
Auch andere Armeen interessierten sich für die Fallmesser und entwickelten ähnliche Messer, wie das Wehrmacht Fallschirmjäger-Messer für ihre Einsatzkräfte.
Genauer gesagt sollten diese Messer für die so genannten SOE, die „Special Operations Executives“ sein, also gewissermaßen das Britische S.E.K.
Zusätzlich zur Klinge hatten die SOE-Messer Nahkampf-Funktionen. Die Ahle wurde zur gezielten, sozusagen „stillen“ Elimination genutzt, indem der Feind von hinten überwältigt wurde und dann mit der Ahle auf die Halsschlagader gezielt wurde.
Legal? Fallmesser im Vergleich
In vielen Ländern sind Fallmesser im Gegensatz zu Springmessern legal. Dennoch es das umstritten, denn es geht schließlich darum, wie schnell man das Messer öffnen kann.
Die Abgrenzung ist oft schwierig. Viele moderne Taschenmesser haben schon einen Daumenpin, mit dem man leicht das Messer mit einer Hand aufschnellen lassen kann. Somit könnten auch schon bestimmte Taschenmesser als „Fallmesser“ gelten.
Also hat der deutsche Gesetzgeber nicht nur etwas gegen Einhandmesser einzuwenden, sondern auch spezifische Vorschriften, was die Länge der Klinge und die Verriegelung angehen.
Fallmesser – Waffe oder Werkzeug?
Grundsätzlich unterscheiden die Gesetzgeber in Deutschland wie in Österreich zwischen Werkzeugen und Waffen. Benutzt man nachweislich ein bestimmtes Messer zum Camping oder zur Jagd, oder eben wie oben beschrieben für einen Rettungseinsatz, gibt es andere Regelungen.
Doch die Abgrenzung ist für gewöhnlich wie schon gesagt nicht immer leicht und es gibt Grauzonen. Doch das ist weniger der Fall bei Fall- oder Springmessern, denn hier geht man davon aus, dass es sich eindeutig um eine Waffe handelt.
Der ganze Mechanismus sieht schließlich vor, so das Argument, dass man so schnell wie möglich und mit einer Hand das Messer einsatzbereit in der Hand hält. Sowohl im Sinne des österreichischen Waffengesetzes als auch des deutschen sind die meisten Fallmesser als Waffen anzusehen und damit nicht erlaubt.
Und Obacht, liebe Messerbegeisterte! Nicht nur der Besitz ist illegal, auch der Handel, das Verschenken, das Einführen, Reparieren etc. solcher Waffen ist untersagt.
Lesenswert: Welche Messer sind in Deutschland erlaubt?
Stumpf mit Haken erlaubt
Die oben genannten Fallmesser sind also „illegal“? Nein. Laut dem Feststellungsbescheid des BKA für Rettungsmesser und Rescue Tools sind Fallmesser und seitlich öffnende Springmesser mit abgerundeter Spitze und hakenförmiger Klinge erlaubt, also sowohl das Lindner als auch das Dönges.
Der Feststellungsbescheid des BKA zu Rettungsmessern und Rescue Tools kann hier direkt heruntergeladen werden.
Fallmesser kaufen
Interessieren Sie sich also für Fallmesser und möchten Sie sich eines kaufen, dann beachten Sie bitte unbedingt die für Sie zutreffenden Waffengesetze.
Beide oben vorgestellten Fallmesser, das Lindner wie das Dönges, sind Rettungsmesser oder auch Rescue Tools, also Werkzeuge, und damit erlaubt.
Oder Sie heuern bei den Fallschirmjägern an, aber das dürfte für die meisten wohl eher nicht in Betracht kommen. Und selbst wenn ich noch einmal 18 Jahre alt und topfit wäre – die Schwerkraft, die ich spüre, wenn ich mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehe, ist mir doch die liebste.