Die richtige Position auf dem Rennrad sorgt für bequemes Sitzen und effiziente Kraftübertragung. Wie sieht es jedoch in der Praxis aus? Der Sattel drückt, der Nacken schmerzt, und Wadenkrämpfe ruinieren die Trainingszeiten.
Die Ursache dieser Unannehmlichkeiten ist seltener das körperliche Fitness-Level, sondern ungünstig eingestellte Sattel, Pedale und Lenker.
Optimieren Sie die Sitzposition am Rennrad in Eigenregie – wir zeigen Ihnen, wie’s geht!
Nackenschmerzen auf dem Rennrad – was tun?
Rennrad fahren birgt ein allseits bekanntes Dilemma:
- Einerseits soll eine möglichst kompakte Körperhaltung den Luftwiderstand minimieren,
- andererseits belastet die weit vornüber gebeugte Sitzposition die Muskulatur dermaßen, dass der Nacken mit Verhärtung und Schmerzen reagiert.
Wie weit soll ein Rennradfahrer von aerodynamischen Ansprüchen abrücken und eine komfortablere Sitzposition einnehmen?
Die Dauer der Fahrten und die körperliche Konstitution bestimmen, welche Sitzposition der Fahrer einnehmen kann. Für Freizeitfahrer, die hauptsächlich längere Routen ableisten, empfiehlt sich ein etwas längeres Steuerrohr, sowie ein kürzeres Oberrohr: Beides bewirkt eine mehr aufrechte Sitzposition, als bei einem Wettkampffahrer.
Darum kommen immer mehr Hersteller von Rennrädern Hobbyfahrern mit einer bequemeren Radgeometrie entgegen:
Wer stundenlang im Sattel sitzt, stellt eine komfortable Sitzposition über Windschnittigkeit.
Die Rennrad Sitzposition richtig einstellen
Um die Kopfposition entscheidend zu verändern, reichen oft schon wenige Zentimeter aus. Beispielsweise bewirken die korrekte Einstellung der Sattelhöhe sowie ein kürzerer und steilerer Vorbau eine entspanntere Haltung.
Lange, flache Vorbauten bringen den Fahrer in eine gestreckte Körperposition, wobei der Kopf ganz in den Nacken gelegt werden muss, um geradeaus auf die Straße zu schauen.
Ein zu hoch eingestellter Sattel hingegen erfordert beim Treten das komplette Strecken der Beine, wodurch das Becken “schaukelt”. Diese Sitzposition auf dem Rennrad verursacht Rückenschmerzen.
Schritt 1 - Die Sattelhöhe ermitteln
Mit einer Klemmschelle, die im Sitzrohr die Sattelstütze fixiert, lässt sich die Sattelhöhe verändern. Beachten Sie die maximale Auszugslänge der Sattelstütze und bleiben immer innerhalb der Markierung oder Aufschrift.
Die meisten Sattelstützen besitzen eine zentrale Klemmschraube. An der Klemmung lässt sich der Sattel sowohl horizontal schieben, als auch nach hinten und vorne kippen, was den “Sattelwinkel” bezeichnet.
Setzen Sie sich auf das Rad und setzen die Ferse auf das Pedal, das an unterster Position steht. Dabei sollte das Bein fast durchgestreckt sein. Lehnen Sie sich dabei an eine Wand an oder bitten jemand, das Bike festzuhalten.
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1.1 Die waagrechte Satteleinstellung
Die horizontale Ausrichtung schließt die Grundeinstellung des Sattels ab. Legen Sie dazu eine Wasserwaage gemäß Fahrtrichtung auf die Sitzfläche.
Falls Sie zu den Fahrern gehören, die meist auf Bergrouten mit starken Steigungen unterwegs sind, können Sie durch leichte Neigung des Sattels nach vorn oder hinten das persönliche Fahrgefühl finden.
1.2 Die Touren-Sitzposition
Der nach vorn geschobene Sattel führt zur eher aufrechten Touren-Position. Hier steht die Langstrecke im Fokus, nicht so sehr die Geschwindigkeit. Rennrad Touren Rahmen besitzen im Verhältnis zum Sitzrohr ein kürzeres Oberrohr, kombiniert mit längerem Steuerrohr.
1.3 Die sportliche Sitzposition
Die Körperhaltung ist etwas gebeugter als bei der Touren-Position. Rennräder dieser Art weisen eine gemäßigte Steuerrohrlänge auf, Sitz- und Oberrohr sind ähnlich lang.
1.4 Die Race-Position
Fahren Sie Wettbewerbe und haben keine Zehntelsekunde zu verschenken? Dann brauchen Sie ein Rennrad mit kurzem Steuerrohr und relativ langem Oberrohr. Diese Bauart führt zu aerodynamisch optimaler Sitzposition.
Die richtige Sitzhöhe lässt sich durch diese Formel berechnen:
Sattelhöhe = Schrittlänge in cm x 0,885
Die korrekte Sitzhöhe ermitteln Sie durch Messen von der Mitte des Tretlagers bis zur Oberkante Sitzfläche. Alternativ können Sie von der Schrittlänge 10 cm abziehen, um die Sitzhöhe zu bestimmen.
1.5 Die Kurbellänge
Überprüfen Sie die Kurbellänge, bevor Sie mit der Feinjustierung des Sattels beginnen. Die Länge der Kurbelarme richtet sich nach dem Fahrstil und der Schrittlänge:
- Eine kürzere Kurbellänge ist vorteilhaft für hohe Trittfrequenzen,
- wer gleichmäßig viel Kraft auf die Pedale bringt, fährt mit längeren Kurbelarmen.
Schrittlänge in mm | Kurbellänge in mm |
---|---|
700 | 165 |
730 | 167,5 |
760 | 170 |
790 | 172,5 |
820 | 175 |
860 | 177,5 |
900 | 180 |
Schritt 2 - Der Lenker Vorbau
Die Wahl des Lenkermodells richtet sich grundsätzlich nach Ihrer Schulterbreite. Mit einem kürzeren oder längeren Vorbau passen Sie die Oberrohrlänge an Ihre persönlichen Bedürfnisse an.
Der Vorbauwinkel entscheidet über die Differenz zwischen Oberlenker und Sattel, Rennrad-Überhöhung genannt.
Die meisten Vorbauten können Sie umdrehen, falls die Einstellmöglichkeiten am Lenker nicht hinkommen. Ein sogenannter Flip-Flop Vorbau erzielt somit zwei unterschiedliche Lenkerhöhen.
Vorbauten sind in unterschiedlichen Längen und Winkeln erhältlich. Standardmäßig beträgt der Winkel sechs Grad:
- Kleinere Personen oder Fahrer, die eine komfortable Sitzposition anstreben, wählen einen etwa 5 cm langen Vorbau,
- sportliche oder groß gewachsene Personen benötigen rund 7 cm.
2.1 Den Rennrad Lenker montieren
Neben dem Lenker selbst wirkt sich auch die Position der kombinierten Brems-Schalthebel auf die Sitzhaltung aus. Früher waren die Schalthebel fest am Unterrohr und die Bremshebel am Lenker montiert, heute hat sich STI (Shimano Total Integration) durchgesetzt.
Die Lenkerposition
Folgen Sie bei der Montage gewissen Vorgaben, um Griffbeschwerden vorzubeugen. Diese Montagefehler werden häufig gemacht:
- Zu weit nach oben oder unten montierte STI-Hebel verursachen spürbare Kanten am Übergang zum Lenker
- Zu weit nach oben oder unten gedrehter Lenker ist Ursache von schmerzenden Händen und Handgelenken
- Wenn beide STI-Hebel unterschiedlich eingestellt sind, verursacht die schiefe Körperhaltung Schulter- und Nackenschmerzen (siehe auch unseren Beitrag zu Nackenschmerzen auf dem Rennrad)
Gewöhnlich lassen sich beide STI-Hebel anhand einer aufgedruckten Skala auf dem Rennrad Lenker Carbon oder Alu gleich einstellen.
Bei der Montage eines neuen Lenkers empfiehlt sich eine halbfeste Vormontage, um nach mehrmaligen Probesitzen die endgültige Feinjustierung einzustellen.
Haben Sie die optimale Ergonomie gefunden, drehen Sie alle Schraubverbindungen mit dem passenden Drehmoment an und wickeln Lenkerband herum.
2.2 Variable Überhöhung und Sitzlänge
Je nach Beweglichkeit und Körpergröße variiert die Einstellung der Überhöhung und der Sitzlänge. Während der Tourenfahrer eher aufrechter sitzt, zieht der Rennfahrer eine gestreckte Sitzposition mit einem tieferen Schwerpunkt vor, um Kurven schneller zu nehmen.
Als Faustregel gilt, dass das Schultergelenk vom Hüftgelenk zur Horizontalen einen 40° - 45° Winkel bilden sollte. In der Bremsgriffhaltung bilden die Oberarme einen 90° - 100° Winkel.
Bei einer entspannten Sitzposition beträgt der Hüft-Schulter-Winkel gegen 45°, die sportliche Sitzposition tendiert zu etwa 40°.
Schritt 3 - Pedale und Knie in der Sitzposition auf dem Rennrad
Die horizontale Einstellung des Sattels verändert nicht nur den Abstand zum Lenker. In einer kürzeren Position sitzen Sie aufrechter, wodurch sich auch das Bein in einem anderen Beugungswinkel bewegt.
So verursacht zu niedrige Sitzhöhe, die vielleicht noch zu weit vorn oder hinten eingestellt ist, schon nach kurzer Strecke heftige Schmerzen an Kniescheibe oder Kniegelenk. Der Kniewinkel zur optimalen Kraftübertragung beträgt 110 Grad.
3.1 Das Knielot
Ganz einfach können Sie die individuelle Rennrad Sitzposition mit einem Lot ermitteln. Setzen Sie sich mit den Radschuhen auf das Rad, die Pedalen stehen waagrecht. Führen Sie die Lot-Schnur über die Kniescheibe: Die ideale Linie führt exakt durch die Pedalachse, bei sehr groß gewachsenen Personen verschiebt sich diese Senkrechte etwas weiter nach vorn.
3.2 Die Pedale
Bei Radrennfahrern ist Effizienz beim Treten der wichtigste Faktor der Kraftübertragung. Anders als beim normalen Radfahren benutzten Rennprofis diverse Click-Systeme, um die Schuhe mit den Pedalen zu verbinden.
So können beide Füße ein antreibendes Drehmoment erzeugen, das beim Heruntertreten Druck ausübt, während der andere Fuß das Pedal hochzieht.
Schuhplatten, sogenannte Cleats, werden unter die Sohle geschraubt und rasten im Pedal ein.
Da sich mehrere Hersteller von Cleats etabliert haben (Shimano, Time, Look, Speedplay), wird ein neues Rennrad immer ohne Pedale geliefert, damit Pedale und Schuhe zusammenpassen.
Auch diese Cleats beeinflussen den Beugungswinkel des Knies und damit die Sitzposition. Oft wird empfohlen, die Schuhplatten so in horizontaler Richtung einzustellen, dass sie sich genau unter den Fußballen befinden.
Manche Rennradsportler montieren die Cleats kurz vor oder hinter den Pedalachsen:
- Zeitfahrer und Triathleten bevorzugen die Cleats vor der Pedalachse, da sich der effektive Hebel vom Fußgelenk zur Pedalachse verkürzt. Dadurch wird weniger Kraft benötigt, den Fuß beim Pedalieren zu stabilisieren. Gleichzeitig vermindert dies die Belastung der Achillessehne.
- Sprinter montieren ihre Cleats oft hinter der Pedalachse, um den Hebelarm vom Fußgelenk zur Pedalachse zu verlängern. Dies ermöglicht eine höhere Trittfrequenz. Da der Fuß hier weniger als starrer Hebel fungiert, wird die Achillessehne stärker beansprucht.
Der abschließende Überblick über Beschwerden beim Rennrad fahren und deren Ursachen soll Ihnen behilflich sein, die Einstellungen anzupassen.
Beschwerden | Ursachen | ||||
---|---|---|---|---|---|
Taubheitsgefühl in den Händen | Lenker zu tief oder zu weit vorne | ungünstig eingestellte Hebel | unpassende Griffe | unpassende Lenkerbreite | ungünstige Lenkerbiegung |
Taubheitsgefühl in den Füßen | schlechte Passform der Schuhe | ungünstige Fußstellung auf dem Pedal | unpassender Sattel | zu hoch eingestellter Sattel | |
Nackenschmerzen | Lenker zu zu weit vorne oder zu tief | ungünstige Lenkerbreite | ungünstige Sattelneigung | ungünstige Lenkerbiegung | |
Rückenschmerzen | Lenker zu zu weit vorne oder zu tief | zu aufrechte Sitzposition | unpassende Sattelneigung | Sattel zu hoch | |
Taubheitsgefühl im Schritt | ungünstiger Sattel | ungünstige Satteleinstellung | |||
Knieschmerzen vorne | zu tief eingestellter Sattel | Sattel zu weit vorne oder zu weit hinten | |||
Knieschmerzen innen / außen | Sattel zu hoch oder zu tief | X- oder O- Stellung der Beine beim Treten | ungünstige Fußstellung auf dem Pedal | falsch eingestellte Pedalplatten |
Zusammenfassung - Richtige Sitzposition auf dem Rennrad
Mit einem individuell eingestellten Rennrad verbessern Sie nicht nur Ihre Leistung, sondern senken auch das Verletzungsrisiko.
Einsteiger und ambitionierte Fahrer mit Beschwerden beim Radeln finden professionelle Beratung zur Sitzposition bei einem Bike-Fitting-Radlabor.