Die Sitzknochen schmerzen beim Fahrradfahren, obwohl in der letzten Saison alles in Ordnung war? Im Frühjahr holen gut gelaunte Freizeitradler das Bike aus dem Keller und starten sofort zur ersten großen Tour. Am nächsten Tag ist weder Sitzen noch Laufen oder Stehen ohne Pein möglich: Muss ein neuer Sattel her?
Die Sitzknochen schmerzen beim Fahrradfahren
1. Zu lange Fahrpause
Pünktlich zu Beginn der Radsaison spielt sich in jedem Jahr das Gleiche ab: Die Nachfrage nach neuen Fahrradsatteln steigt rapide an. Am ersten sonnigen Wochenende schwingen sich Freizeitbiker aufs Rad und machen so weiter, wie sie im Herbst aufgehört haben.
Gleich die erste Ausfahrt dauert mehrere Stunden lang und am kommenden Tag folgt die Konsequenz:
Unerbittlicher Muskelkater und tief sitzende Schmerzen im Gesäß.
Ursache: Fehlendes Training
Das Grundübel heftiger Schmerzen ist nicht ein vermeintlich durchgesessener Sattel, sondern fehlende Gewöhnung. Beginnen Sie mit kurzen Fahrten und legen bis zur nächsten Runde zwei Tage Pause ein, damit sich die gereizte Knochenhaut erholen kann.
Die nächsten Fahrstrecken sollten schrittweise vergrößert werden.
Erhöhen Sie langsam die Häufigkeit von einmal wöchentlichem Fahren auf zweimal, dreimal bis täglich.
Die Eingewöhnungszeit verläuft angenehmer mit einer gepolsterten Radhose und eine Gesäßcreme für Radfahrer beruhigt gereizte Haut.
2. Zu weicher Sattel
Um die muskulären Überlastung in den Griff zu bekommen, wechseln manche Radler zu einem dicken, weich gepolstertem Sattel. Danach tritt nicht der erhoffte Effekt ein, sondern die Sitzknochen schmerzen bereits eine halbe Stunde Fahrzeit noch schlimmer.
Ursache: Instabile Sitzposition
Die Sitzknochen sinken tief ins Schaumstoffpolster ein, wodurch die Höcker ihre Stützfunktion nicht erfüllen können. Tief liegende Sehnen- und Muskeln an der Knochenhaut werden gereizt.
Der Druck verlagert sich bei Herren auf den Dammbereich und bei Damen auf den Schambeinbogen, was wiederum zu Schmerzen oder Problemen führt:
- Der beste Fahrradsattel gegen Impotenz - Lösungen und Mythen
- Fahrradsattel von Urologen empfohlen - SQlab 611 Active
- Taubheit beim Fahrradfahren - Alle Ursachen
- Fahrradsattel richtig vermessen - Eine Anleitung
Fehlende Vitalisierung des Gewebes führt zu Schmerzen und Taubheitsgefühlen. Hier hilft ein ergonomischer Sattel mit straffer Sitzfläche. Der weich gepolsterte Komfortsattel eignet sich nur für Kurzstrecken in aufrechter Sitzposition, beispielsweise auf einem City Bike.
3. Zu schmaler Sattel
Eine zu schmale Sitzfläche, die möglicherweise nur spartanisch gepolstert ist, verursacht sehr schnell sehr starke Schmerzen. Den Sitzhöckern fehlt eine ausreichende Auflage zur Entlastung.
Ursache: Zu viel Druck auf zu geringem Raum
Bei leicht gestreckter oder aufrechter Sitzposition lastet das hauptsächliche Körpergewicht auf dem Sattel. Die Belastung konzentriert sich auf eine bestenfalls handgroße Fläche. Der Sattel drückt die Sitzbeinhöcker auseinander, was beim Überfahren jeder Bodenwelle spürbar wird.
Die Messung können Sie mit einem Stück Wellpappe selber zu Hause durchführen, indem Sie sich daraufsetzen. Eine detaillierte Anleitung zur Sitzknochenvermessung finden Sie in diesem Beitrag. Mit dem Ergebnis finden Sie den passenden Sattel.
https://www.youtube.com/watch?v=xTp0Fennt7k
4. Ungünstige Sattelform
In vielen Haushalten teilen sich mehrere Personen ein Fahrrad. Einem Familienmitglied passt der Sattel, alle anderen haben das Nachsehen:
- Eine ausgesessene Sitzfläche,
- die zu große oder zu geringe Breite,
- eine abgenutzte, komprimierte Polsterung kann Druck auf die Sitzknochen und damit Schmerzen beim Fahrradfahren auslösen.
Ursache: Falsche Gewichtsverlagerung
Eine Frau, die das Rad ihres Partners öfters benutzt, muss mit falscher Druckverteilung rechnen. Auch wenn der Sattel waagerecht ausgerichtet ist, entspricht dies nicht den eigenen anatomischen Anforderungen.
Da der weibliche Schambeinbogen tiefer liegt als bei Männern, drückt dieser Bereich auf den Sattel und das Sitzbein findet keinen Halt.
Bei Männern führt eine im Verhältnis zur Nase etwas tiefer liegende Sitzfläche zu Unannehmlichkeiten am Damm oder an der Prostata.
Tauschen Sie ihn aus gegen einen Stufensattel, der den hinteren Sitzbereich durch feste Polster und eine gute Federung stützt.
Eine abgesenkte Sattelnase bietet Damen und Herren genügend Freiraum.
5. Ein Kunststoffsattel
Zugegeben, die Entscheidung für einen bestimmten Fahrradsattel ist oft auch eine Preisfrage. Bei Alltagsrädern, die auf dem Firmenparkplatz täglich im Freien abgestellt werden, erfüllt ein regenfester Sattel seinen Zweck.
Doch muss man dafür ständige Schmerzen in Kauf nehmen?
Ursache: Steifes Material
Wenn auch ein fester Sattel gesünder ist, als ein weich gepolstertes Modell, so hat eine Kunststoffdecke die Eigenart, sich stets in ihre ursprüngliche Form zurückzubilden. Obwohl sich der Sattel flexibel anfühlt, passt er sich gar nicht oder nur wenig der Anatomie an. Besonders leichte Radler leiden darunter durch Schmerzen am Gesäß.
Zu steifem Kunststoff gibt es folgende Alternativen:
Die andere Lösung ist ein Kernledersattel, der nach einer längeren Einfahrzeit die persönliche Kontur seines Fahrers annimmt. Die Sitzknochen bilden dauerhafte Mulden in die Satteldecke, wogegen sich der Memory Foam bei Nichtgebrauch wieder in seine ursprüngliche Ausgangsform zurückbildet.
Ein Ledersattel reagiert empfindlich auf direkte Sonneneinstrahlung und Feuchtigkeit. Daher erfordert das Naturmaterial regelmäßige Pflege mit Lederfett, um seine Geschmeidigkeit zu erhalten. Der hohe Preis relativiert sich auf die Jahrzehnte lange Nutzungsdauer, doch der Sitzkomfort ist unübertroffen.
Die richtige Entscheidung richtet sich nach dem Fahrprofil, Vielfahrer oder Genussfahrer. Natürlich können Sie auch zwischen beiden Satteltypen wechseln!
6. Ein zu hoher Sattel
Der beste Sattel schmerzt an den Sitzknochen, wenn die Einstellung nicht stimmt. Die richtige Höhe zu justieren ist einfache Sache, die selbst Laien in Angriff nehmen können. Der Fahrkomfort lässt sich mit wenigen Handgriffen wesentlich verbessern, ohne dass es nötig ist, einen neuen Sattel zu kaufen.
Ursache: Hängende Beine
Bei zu lang eingestellter Sattelstütze erreichen nicht die Fußballen die Pedale, sondern der Radler steht mit den Zehen auf. Aufgrund der fehlenden Auflage kann die Muskulatur in den Beinen das Körpergewicht nicht tragen:
Der Gewichtsschwerpunkt liegt auf dem Sattel.
Wenn die Sitzknochen 60 Prozent des Fahrergewichts tragen müssen, ergibt sich ein ähnliches Problem wie bei einem zu schmalen Sattel für das Rennrad.
Die Höhe bewirkt beim Pedalieren eine Kippbewegung des Beckens, wodurch die Hüfte bei jeder Umdrehung über die Seiten des Sattels absenkt. Wechselseitige Tretbewegung reizt wiederum die Knochenhaut, die mit Entzündung reagiert.
Ebenso werden die Bandscheiben in Mitleidenschaft gezogen, empfindliche Personen spüren zu dem schmerzenden Gesäß am kommenden Tag Beschwerden an der Lendenwirbelsäule.
Stellen Sie die Sattelhöhe so ein, dass Sie mit ausgestrecktem Bein die Ferse auf das Pedal setzen können. Eine ausführliche Anleitung, wie Sie den Fahrradsattel korrekt einstellen, finden Sie in diesem Beitrag.
7. Ein zu niedriger Sattel
Die Sitzposition wird manchmal bewusst zu tief eingestellt. Unsichere Fahrer, speziell Neueinsteiger auf dem E-Bike und Senioren, brauchen das Gefühl, jederzeit mit den Füßen auf den Boden zu kommen.
Ursache: Karpfenrücken
Der tiefe Sattelstand verfälscht die gesunde Sitzposition. Anstatt leicht vorgebeugt mit der Wirbelsäule in der natürlichen Haltung zu sitzen, wird ein runder Rücken gemacht, um mehr Tretradius für die Beine zu gewinnen.
Hier verschwinden die Schmerzen durch die passende Sattelhöhe.
8. Zu lange Tretkurbeln
Sportfahrer versprechen sich von einem größeren Pedal Radius eine bessere Kraftübertragung und damit bessere Zeiten.
Ursache: Verhältnis der Beinlänge zum Kurbelradius
Die Länge des Oberkörpers, der Arme und Beine ist bei jedem Menschen anders ausgeprägt. Damit ändern sich die Gelenkwinkel und die Belastung auf dem Sattel.
Nachteile haben kleine Fahrer, die bei zu langen Kurbeln ihr Bein zu sehr strecken müssen. Das Gewicht lastet überproportional auf den Sitzknochen.
Abhilfe schafft ein komplettes Bikefitting und der Wechsel auf eine andere Kurbellänge.
Fazit - Sitzknochen schmerzen beim Fahrradfahren
Falls die Sitzknochen beim Fahrradfahren schmerzen, liegt die Ursache nie beim Fahrer, sondern immer am Sattel. Eine geänderte Einstellung wirkt oft schon Wunder, doch auch die realistische Einschätzung der eigenen Kondition erspart Radlern Komplikationen am Allerwertesten.